Gigantismus

 

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Folgende Kritik wurde mir per Email zugesandt:

Nachdem ich mir Ihre Idee angesehen habe finde diese grundsätzlich zu gigantisch im Ansatz. Inzwischen ist bekannt, dass Großprojekte immer eine große Zahl an vorher nicht absehbaren Problemen mit sich bringen, so dass kleinere dezentrale Lösungen grundsätzlich vorzuziehen sind. Es besteht bisher keine Notwendigkeit für ein derart gigantisches Projekt. Zudem muss ich Ihnen leider ein wohl proportioniertes Gespür für den Umgang mit den Ressourcen unseres Planeten absprechen. Es wird sich in Deutschland keine Fläche finden in der Sie nicht gegen zahlreiche andere Interessen stehen. Ein Verletzung all dieser Interessen ist für die gesamte Gesellschaft ebenfalls unnötig.

Es tut mir Leid, dass ich Ihnen nicht viel Erfolg für Ihr Projekt wüschen kann, denn grundsätzlich ist die Idee sehr gut. Als Anregung kann ich Ihnen nur empfehlen einen anderen Einsatzrahmen zu suchen. Vielleicht im Zusammenhang mit gesteuerten Flutpoldern?

Der Charme von Desertec ist im übrigen die Verteilung der Anlagen um den gesamten Mittelmehrraum. Viel dezentrale Lösungen. Dies erhöht die Sicherheit, auch politisch und führt auch zu einem konstanteren Energieoutput und verringert die Transportwege in der Region.

 

Entgegnung:

Kleine, dezentrale Lösungen sind, wenn eine Alternative dafür besteht, immer vorzuziehen, darin gebe ich Ihnen uneingeschränkt recht.
Im Bereich der Energieversorgung wird das dort, wo es geht, auch angewandt. Fotovoltaik auf Dächern, bäuerlich betriebene Biogasanlagen und Onshore Windenergie sind gute Beispiele dafür.

Ausgleichseffekte, die durch eine großräumige, leistungsstarke Vernetzung erschlossen werden können, erfordern aber bereits ein gigantisches milliardenschweres Netz, damit diese realisiert werden können. Die Proteste gegen jeden Ausbau einer Stromleitung sind bekannt. Das Netz als Rückgrad der Stromversorgung ist alles andere als dezentral!
Bei Desertec würde dieses Netz nicht nur Europa, sondern zusätzlich Teile Afrikas, Arabiens und den vorderen Orient umfassen.

Dass derartige Abhängigkeitsstrukturen, wenn sie dem gegenseitigen Vorteil aller Beteiligten dienen, friedensstiftende Wirkung entfalten, beschreibe ich auch in meiner Dissertation. Ein Kappen der Verbindungen würde am stärksten dem Land schaden, das die Kappung vornimmt. Eine derartige Struktur erfordert allerdings einen leistungsstarken Sicherheitsapparat., damit diese Kappungen auch nicht durch terroristische Angriffe erfolgen können.

Aus meinen Gesprächen, z.B. mit Landtagsabgeordneten im Maximilianeum, nehme ich aber auch zur Kenntnis, dass es z.B. in Bayern nicht als gute Option betrachtet wird, wenn das Land bei der Stromversorgung „an der langen Leine“ hängen würde und nicht mehr aus eigener Kraft in der Lage wäre, Versorgungssicherheit zu garantieren.

Kleine dezentrale Lösungen kann ich leider auch in der Speicherfrage nicht erkennen. Alle dafür denkbaren und bekannten Batteriesysteme, an denen nicht erst in jüngster Zeit geforscht wird, würden Kosten in einer Größenordnung verursachen, die volkswirtschaftlich kaum zu stemmen wären. Diese Kosten haben sicher auch mit einer Energiebilanz bei der Herstellung der Batterien zu tun, die so manches System als Lösung für den Ausgleich der Volatilität regenerativer Erzeugungsstrukturen sehr fragwürdig erscheinen lassen.

Bleibt noch die Wasserstofftechnologie und/oder die Methanisierung. Dies wiederum ist nichts dezentrales, sondern ein gigantisches Gasnetz, das zwar zu erheblichen Teilen schon vorhanden ist, aber bei der Umwandlung von volatilen in bedarfsgerechten Strom erhebliche Wirkungsgradverluste mit sich bringt.
Wenn es kein Problem ist, diese Wirkungsgradverluste durch zusätzliche Erzeugungsanlagen auszugleichen, dann stünde damit zumindest eine technische Lösung für die Speicherfrage zur Verfügung, aber gerade wieder nicht dezentral.
Statt einiger größerer Pumpspeicher- oder Ringwallspeichersysteme, die angepasst an den Bedarf der Regionen, dezentral über das Land verteilt sind und mit ihrem hohen Wirkungsgrad zu einer Minimierung des notwendigen Erzeugungsparks beitragen, hat man es dann mit einer erheblichen Anzahl zusätzlicher Windenergie- und Fotovoltaikanlagen zu tun. Auch diese sind gesellschaftlich nicht unumstritten.
Und wenn man einigermaßen Energiesicherheit im eigenen Land haben möchte, dann kann man diese Erzeugungssysteme auch nicht einfach weit entfernt aufstellen lassen.

Dass Biomasse einen exorbitanten Landverbrauch verursacht und ganze Landstriche in einer Art verändert, die ganz andere Dimensionen hat, als der singuläre Bau einzelner großer Pumpspeichersysteme, dürfte mittlerweile auch an vielen Stellen klar geworden sein. Auch wenn dieses System in der Eigentumsstruktur dezentral organisiert wäre, hätte das nicht absehbare Probleme zur Folge.

Deshalb tue ich mich schwer, nachzuvollziehen, dass Sie meine Vorschläge als eine Verletzung der Interessen der Gesellschaft einordnen.

Ganz im Gegenteil bin ich davon überzeugt, dass bei einer intensiven Auseinandersetzung mit den Gesamtzusammenhängen, die von mir vorgeschlagene Lösung, wohl umweltschonender sein wird, als vieles andere, was sonst noch vorgeschlagen wird.

Meine Lösungsvorschläge ermöglichen sogar die regionale Lösung einer bedarfsgerechten und robusten erneuerbaren Stromversorgung, bei der auf ein gigantisches, die Grenzen des Kontinents überschreitendes Supergrid verzichtet werden könnte. Trotzdem halte ich dieses Supergrid für vorteilhaft, weil damit die Versorgungssicherheit insgesamt mit weniger Erzeugungs- und Speichersystemen realisiert werden kann.
Dieser Vorteil kann allerdings durch den massiven Einsatz einer Speichertechnologie niedrigen Wirkungsgrads schnell wieder in Frage gestellt werden.

Wenn die Gesellschaft in Zukunft Kernenergie ablehnt, fossile Energieträger zunehmend, knapper und teurer werden und wegen der möglichen Gefahr für das Weltklima ebenfalls nicht mehr energetisch genutzt werden sollen, dann geht es darum, tragfähige Lösungen einer neuen Energieversorgung zu finden, die unseren Lebensstandard nach Möglichkeit erhalten kann.
Dazu wird es auch notwendig sein, Dinge zu denken, die aus der Perspektive und Lebenserfahrung der Vergangenheit kaum vorstellbar erscheinen.

Zu den Kosten der Stromspeicherung noch Folgendes:

Die öffentliche Aufmerksamkeit bei dieser für die erneuerbaren Energien entscheidenden Frage der Speicherung konzentriert sich in der aktuellen politischen Diskussion stark auf Wasserstoff- und Methan basierte Systeme.
Meines Erachtens zu wenig Beachtung finden die Möglichkeiten der Geotechnik zur Schaffung von Pumpspeichersystemen.
Mit viel höheren Wirkungsgraden, geringster Selbstentladung und unschlagbaren Kostenvorteilen wären sie deutlich besser geeignet, den Ausgleich zwischen volatiler Stromerzeugung aus Wind und Sonne und der Nachfrage sicher und bedarfsgerecht herbeizuführen.

Regenerative Energieversorgungssysteme mit den erforderlichen Speicherlösungen, welche eine sichere Stromversorgung ohne externe Abhängigkeiten allein mit Wind und Sonne ermöglichen und dabei die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft erhalten, lassen sich meines Erachtens wirtschaftlich nur mit geotechnischem KnowHow realisieren.

Da derzeit in diesen energiewirtschaftlichen Fragen entscheidende Weichen gestellt werden, halte ich es für wichtig, dass die Geotechnik ihre Möglichkeiten vertritt. Leider scheint es dazu, im Gegensatz zur Gas- und Wasserstoffwirtschaft, keine starke industrielle Interessenvertretung zu geben, weil das in der Bauwirtschaft erst zu einem neuen Geschäftsfeld werden könnte.

Umfangreiche weiterführende Informationen dazu befinden sich auf meinen Internetseiten, z.B. unter:
www.poppware.de/Links_und_Downloads/Index.htm.
Dort habe ich auch zwei Beiträge zum 34. Dresdener Wasserbaukolloquium 2011 verlinkt.
Interessant finde ich die Kosten, die dort von den Autoren von der Bergischen Universität Wuppertal, Herrn Prof. Dr.-Ing. Andreas Schlenkhoff und Herrn Dipl.-Ing. Georg Heinz, im Beitrag:

Potential und Wirtschaftlichkeit von Pumpspeicheranlagen mit kleinen Fallhöhen
zur Schaffung von 1 m³ Speichervolumen für die betrachteten kleineren Systeme angegeben werden:

  • 20,- bis 100,- € pro Kubikmeter.

Bei einer Fallhöhe um 100 Meter entspricht das einer Speicherkapazität von ca. 0,25 kWh.

Zur Schaffung einer Speicherkapazität von einer Kilowattstunde wären folglich Kosten zwischen 80,- und ca. 400,- € zu veranschlagen.

Einfache Bleiakkumulatoren, die in Autos verbaut werden, kosten ca. 100,- €/kWh und wären bei der Erstinvestition damit durchaus konkurrenzfähig.
Allerdings haben diese eine merkliche Selbstentladung bei Langzeitspeicherung und werden nach ca. 5 Jahren altersschwach.

Mit den Kosten der Speicherung habe ich mich auch in einer Rede auf einer vom BUND organisierten Osterdemonstration auseinandergesetzt
(siehe Matthias Popp - Redbeitrag beim BUND in Kemnath -  zu - Atomkraft nein danke - verantwortungsvoll in die Zukunft.pdf).
Die Ansprache wurde zwei Mal mit Beifall bedacht und es gab auch kein Unbehagen im Publikum bei meinen Hinweisen auf die notwendigen Veränderungen unserer Landschaften durch Windenergieanlagen und Pumpspeicherkraftwerke.

Ein Einfamilienhaus, das allein mit einer Fotovoltaikanlage den eigenen Strombedarf für ein Jahr decken möchte, würde bei einem angenommenen Jahresverbrauch von ca. 3.500 kWh eine Speicherkapazität von ca. 1000 kWh benötigen. Damit ließen sich die Überschüsse des Sommers auf den Winter übertragen.

Mit Bleiakkumulatoren lägen die Investitionskosten dafür bei:

  • ca. 1000 kWh x ca. 100,- €/kWh = ca. 100.000,- €.

Mit Berücksichtigung der Altersschwäche bei Bleiakkus nach ca. 5 Jahren ergäbe das jährliche Speicherkosten von

  • ca. 20.000,- € (ohne Betriebskosten und Zinsen für das eingesetzte Kapital).

Der Strom aus der Steckdose würde bei einem Preis von ca. 0,20 €/kWh

  • ca. 700,- € pro Jahr kosten.

Ein optimierter regenerativer Energiemix aus Wind und Sonne erfordert zur sicheren Überbrückung der längsten zu erwartenden Flauten ca. 1/10 der Speicherkapazität wie bei einer absolut dezentralen Lösung allein mit Fotovoltaik.

  • Die Investitionskosten für Speicher würden sich damit reduzieren auf ca. 2.000,- € pro Jahr.

Bei Pumpspeichersystemen kann von einer mindestens 10-fachen Lebensdauer (50 Jahre) ausgegangen werden.

  • Die anteilige Investitionskosten für Speicher würden sich damit weiter reduzieren auf ca. 200,- € pro Jahr.

Große Pumpspeichersysteme, wie die von mir zur Diskussion gestellten Ringwallspeicher, sollten möglichst große Pegelschwankungen und Höhenunterschiede aufweisen, um den Bodenflächenbedarf zu minimieren.
Bei den dafür anfallenden Kosten gehe ich davon aus, dass sie sich, bei entsprechenden Voraussetzungen, auf ca. 10,- bis 20,- € pro kWh Speicherkapazität, also ein Fünftel bis ein Zehntel des für Kleinanlagen abgeschätzten unteren Wertes, reduzieren ließen.

Die anteiligen Investitionskosten eines Einfamilienhaushalts an den jährlichen Speicherkosten würde damit weiter fallen auf

  • ca. 20,- bis 50,- € pro Jahr.

Im Vergleich zu den jährlichen Stromkosten von derzeit ca. 700,- € pro Jahr zeigt sich, dass Wasserspeichersysteme ein Schlüssel dafür sein können, eine regenerative Stromversorgung auch kostengünstig darzustellen.

Speichersysteme, die den Anspruch erheben, einen Beitrag zum Ausgleich der Volatilität von Wind und Sonne zu leisten, sollten mindestens eine Speicherreichweite von ein bis zwei Wochen aufweisen, weil sie sonst durch Schattenkraftwerke abgesichert werden müssten. Dies wiederum hielte ich für eine volkswirtschaftlich fragwürdige und nicht in der Endkonsequenz durchdachte Strategie, weil der Kraftwerkspark dann drei Mal vorzuhalten wäre, nämlich als:

  1. regenerative Erzeugungsanlagen,

  2. Speicherkraftwerkssysteme für Kurzzeitaufgaben und

  3. mit fossilen Energieträgern betriebene konventionelle Kraftwerke.

Der Politik sollten die Wasserwirtschaft, die Geotechnik und die Bauwirtschaft verstärkt verdeutlichen, dass Speicherlösungen realisierbar erscheinen, welche eine sichere Stromversorgung allein mit Wind und Sonne ermöglichen, bei denen die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft erhalten werden kann. 

Kleinere Ringwallspeicher habe ich in der Zusammenfassung zu meinen Forschungen und den daraus abgeleiteten Vorschlägen beschrieben. Siehe auch: Nutzung natürlicher Höhenunterschiede und Berechnungstool zur Auslegung eines Ringwallkraftwerks.

darauf erhielt ich folgende Entgegnung:

vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort. Man merkt, dass Ihnen ein verantwortungsvoller Umgang mit unserer Energieversorgung am Herzen liegt. Dieses Engagement kann ich nur begrüßen. Es ist wichtig dass sich viele Menschen Gedanken machen die Vielzahl an komplexen damit verbundenen Problemen zu lösen. Es liegt nicht in meiner Kompetenz das Ringwallspeichersystem und die Rolle die es spielen kann zu beurteilen. Trotzdem darf und soll jeder Mensch auch eine eigene Position vertreten. Mich konnten Sie bisher nicht überzeugen. Auch wenn alle Probleme verbunden mit dem Ringwallspeichersystem lösbar sind, sehe ich im Moment noch keinerlei Notwendigkeit für einen derart massiven Eingriff in Natur und Landschaft. Weitere Ideen sind gefragt. Vielversprechend sind die Speicherung von Wärme aus der Solarthermie, statt der Speicherung von Strom und Forschungen zu einer neuen Technologie von hocheffizienten Stromleitungen. Mehr kann ich dazu leider nicht sagen, dazu fehlt mir die Expertise. Aber es bedarf zahlreicher guter Ideen um die Masse an Problemen verbunden mit unserer Energieversorgung zu lösen und die besten Lösungen auszuwählen. Manche werden eben nicht umgesetzt obwohl die Auseinandersetzung damit ein wertvoller Beitrag zur Entwicklung einer Lösung ist! Dazu sind Menschen wie Sie sehr wertvoll. Ich kann Sie nur ermutigen Ihren Weg weiterzuverfolgen, völlig unabhängig davon ob Sie mich von Ihrer Idee überzeugen konnten.

Als Anregung möchte ich Ihnen noch etwas weitergeben. Was mir an Ihrer Argumentation nicht gefällt ist, dass Sie andere Ideen schlecht darstellen, damit im Gegensatz dazu etwas anderes, nämlich der Ringwallspeicher, besser wird - oder als einzige Lösung erscheint. Das ist reine Rhetorik und keine Argument für Ihre Technologie. Ich müsste an vielen Stellen Diskussionen beginnen, dazu habe ich weder Lust noch ist es konstruktiv. Zudem neigen Sie dazu die negative Darstellung anderer Technologie zu überzeichnen, das erweckt den Eindruck Sie verfolgen vor allem Ihre eigenen Interessen und lässt Sie insgesamt als unglaubwürdig erscheinen. Z.B. ist der Vergleich mit Biomasse, entsprechendem Landverbrauch etc. völlig unangebracht, denn wer diese ernsthaft diskutiert, erkennt darin bestenfalls eine kleine  Ergänzung im Energiemix, die aber, marktbedingt, im Moment zahlreiche unerwünschte Nebenwirkungen mit sich bringt.

Dazu nahm ich nochmals wie folgt Stellung:

es freut mich und ich finde es stark, dass Sie Ihre Kritik in dieser wertvollen Offenheit vorbringen.
Sie haben, was meine Argumentation betrifft, in der Tat recht, dass ich bei anderen Lösungsansätzen kritische Merkmale anspreche ohne gleichzeitig deren Stärken hervorzuheben.
In unserem konkreten Disput sehe ich das als Folge Ihrer Kritik an meinen Arbeiten.
Dies hat sicher dazu geführt, dass ich Schwachstellen der von Ihnen als bessere Alternativen angeführten Lösungen in einer Art kritisch betrachtete, die bei Ihnen den beschriebenen Eindruck auslöst.
Bitte verstehen Sie das als Reaktion auf ihre Kritik, die ich als gut, aber auch als heftig empfand.
Gerne nehme ich zur Kenntnis, dass diese Argumente, nicht als Kritik, sondern als vergleichende Sachverhalte vorgetragen, zu einer besseren Diskussion führen könnten.

Losgelöst von dieser Abwehrreaktion vertrete ich die Auffassung, dass wir sehr viele, der verfügbaren Potentiale benötigen werden, um die Transformation zu einer nachhaltigen regenerativen Energieversorgung zu schaffen.
Dabei plädiere ich dafür, die verfügbaren Potentiale unvoreingenommen ganzheitlich zu analysieren und diese dann nach Möglichkeit so zu entwickeln, dass die Transformation ökologisch, ökonomisch und sozial möglichst vorteilhaft vorgenommen werden kann.

Dabei werden alle Komponenten, auch die, die ich in meiner vorausgegangenen Antwort an Sie kritisch betrachtet habe, eine wichtige Rolle spielen.

Ausgangspunkt meiner Zielbetrachtung ist, dass langfristig keine nuklearen und keine fossilen Energieträger mehr energetisch genutzt werden sollen.
Allein diese Annahme schießt bei heutigen Transformationsüberlegungen vielleicht schon über das Ziel hinaus, weil das ein sehr fernes Ziel ist, das ggf. nie erreicht wird.
Keiner kann heute z.B. vorhersagen, ob es in fernerer Zukunft gelingen wird, Kernfusionsreaktoren wirtschaftlich und gefahrlos zu betreiben oder ob die Kernspaltungstechnologie entsprechende Entwicklungen machen wird.
Braunkohle stünde uns nicht nur in Deutschland noch für mehrere hundert Jahre zur Verfügung und wir könnten dafür noch viele 1000 Quadratkilometer Land umgraben, um die Flöze zu fördern.
Wenn die Ozeane und die Polarregionen zur Öl und Gasförderung erschlossen werden, dann werden auch diese Ressourcen noch viel länger verfügbar sein als dies heute prognostiziert wird. 

Deshalb kann man durchaus auch dafür plädieren, die Transformation viel langsamer anzugehen, als es Ansätze beschreiben, die vor Ende dieses Jahrhunderts zu einer 100% Lösung kommen wollen.
Als langfristige Perspektive wird dieser Zustand einer 100%-igen erneuerbaren Energieversorgung allerdings nicht nur von mir so gesehen.
Aufgrund meiner bisherigen Forschungen dazu, bin ich auch davon überzeugt, dass eine gut durchdachte, konsequente und zügige Transformation volkswirtschaftlich die kostengünstigste und nachhaltigste Lösung wäre. 

Wenn dies unser Ziel sein soll, dann bin ich der Meinung, sollte zunächst geprüft werden, welche Potentiale sich für welche Zwecke am besten eignen und wie diese gesamtwirtschaftlich am vorteilhaftesten verwendet werden können.

  • Batterien sehe ich dabei bevorzugt in der Mobilität (in Fahrzeugen für den Straßenverkehr).
  • Ebenfalls dort sehe ich die Biomasse, weil daraus am einfachsten flüssige Brennstoffe mit hoher Energiedichte gewonnen werden können, welche beispielsweise für Flugzeuge wahrscheinlich auf absehbare Zeit die einzige realistische Alternative zu Erdölprodukten sein werden.
  • Erdwärme und -Kälte sehe ich bevorzugt bei der Klimatisierung von Gebäuden. Bei der Stromerzeugung nur dort, wo das wirtschaftlich gegenüber den anderen Alternativen ist.
  • Wasserkraft, Wind und Sonne sehe ich bei der Elektrizität.
  • Große andere regenerative Potentiale, die einen substantiellen Beitrag leisten könnten, kann ich aus heutiger Perspektive nicht erkennen.

Aber genau das alles sollte ganzheitlich durchdacht, auf den Prüfstand gestellt und in seiner Entwicklung beobachtet werden, wenn milliardenschwere Anreizsysteme eingerichtet und unterhalten werden um diese Transformation zu flankieren.

Welchen Ausgleichsbedarf eine Elektrizitätsversorgung auf der Basis von Wind und Sonne erfordert, war unabhängig von der Speichertechnologie Gegenstand systematischer Analysen meiner Dissertation.
Diese Ergebnisse liegen nun vor. Zunächst gibt es eine Reihe von Hebeln, um den Ausgleichsbedarf durch eine geschickte Erzeugungsstruktur zu minimieren.
Meine für Europa durchgeführten Untersuchungen könnten dabei ohne Weiteres auf den Untersuchungsraum von Desertec und darüber hinaus ausgeweitet werden.
Die Untersuchungen könnten auch noch dahingehend variiert werden, dass Erzeugungsschwerpunkte entstehen.
Das hätte zur Folge, dass von dort Strom exportiert würde und andere Länder zu dauerhaften Stromimporteuren würden.
Dies halte ich persönlich als Perspektive für eine Region oder ein Land zwar für wenig attraktiv, aber wenn die Bevölkerung dort z.B. bestimmte regenerative Erzeugungsanlagen ungern akzeptiert, dann wäre das eine Lösung.
Durch eine möglichst breite Streuung der Erzeugung auf alle Regionen erreicht man jedoch bessere Ausgleichseffekte und ein robusteres Versorgungssystem, als wenn Erzeugung vorzugsweise auf einzelne besonders Wind- und globalstrahlungsstarke Standorte konzentriert würde. 

Dabei ist längst nicht ausgemacht, dass selbst beschränkt auf Europa eine große Anzahl von Ländern in absehbarer Zeit bereit wäre, auf eine regenerative Elektrizitätsversorgung umzustellen und ein leistungsstarkes Übertragungsnetz aufzubauen.

Was bleibt ist ein Ausgleichsbedarf, der um Größenordnungen über den Speichermöglichkeiten liegt, die uns heute zur Verfügung stehen.
Für diesen Ausgleich steht uns wieder eine Palette von Möglichkeiten zur Verfügung.
Auch hier wird es keine 100% Lösung allein mit einer Technologie geben, wenngleich die zur Lösung verfügbare Palette, bei ganzheitlicher Betrachtung, besser und weniger gut erscheinende Möglichkeiten aufweist.
Unter Ganzheitlich verstehe ich, dass nicht nur die Speicher oder einzelne Merkmale derselben, sondern die Auswirkungen auf das Gesamtsystem betrachtet werden. Niedrige Wirkungsgrade oder merkliche Selbstentladung fordern einfach höhere Erzeugungskapazitäten, um die auftretenden Verluste ausgleichen zu können. Wenige Großspeicher (z.B. in Norwegen) erfordern einfach Hochleistungsstromnetze, die dort alle zusammenlaufen und zu Ungleichgewichten an der Teilhabe am Energiemarkt führen. Usw. 

In Fachkreisen relativ unstrittig ist die gute Eignung von Pumpspeichersystemen für diese Aufgabe.
Meine Intention ist es, genau dieses Potential, das durch den Vorschlag des Ringwallspeichers neue Freiheitsgrade erhält, einmal systematisch zu analysieren und zu bewerten.
Auf der Basis belastbarer Fakten kann dann eine fundierte Diskussion geführt werden, ob diese Systeme bei der Transformation der Energieversorgung in größerem Umfang in Erwägung gezogen werden können. 

Deutschland ist im Begriff, sich für die Umstellung des Energiesystems, einen straffen Zeitplan zu verordnen.
Mein Eindruck ist, dass man über ein in ca. 10 Jahren angestrebtes Zwischenziel hinaus, zuwenig darüber nachdenkt, dass der dann geschaffene Zustand die Ausgangsbasis zur Weiterentwicklung auf das
100%-„x?“ Ziel sein wird.
Ganz sicher kann man durch Verstärkung der Übertragungskapazitäten von Nord nach Süd und durch massiven Ausbau der Gaskraft die regenerativen Erzeugungssysteme Wind und Sonne weiter ausbauen, ohne dass es gleich am Anfang zu massiven Speicherengpässen kommen wird.
In Norddeutschland gibt es heute schon Regionen, die bei gutem Wind nicht alle Windenergieanlagen laufen lassen können, weil der temporäre Eigenbedarf zu niedrig ist, keine Speicher da sind und die Übertragungsmöglichkeiten für den Abtransport der verfügbaren Leistungen fehlen.
Dieses Problem der fehlenden Speicherkapazität wird, wenn deren Ausbau nicht mit der Errichtung der volatilen Erzeugungssysteme einher geht, über kurz oder lang das gesamte Land erfassen.
Es ist zu hoffen, dass flankierende Maßnahmen ergriffen werden, mit denen die temporären Überschüsse, des dann mit hohen Förderungen aufgebauten Erzeugungssystems, dann auch möglichst wirtschaftlich und verlustarm auf Zeiträume übertragen können, in denen Erzeugungsdefizite vorliegen. 

Sollten große Pumpspeichersysteme mittelfristig für diesen Ausgleich erwogen werden, dann verbauen wir uns bei einer einseitigen Konzentration auf den Ausbau der Windenergie zur kostengünstigen regenerativen Stromerzeugung möglicherweise gute Speicherstandorte.
Pump- und Ringwallspeichersysteme sind genau dort am effektivsten und in viel kleineren Anlagendimensionen wirtschaftlich umsetzbar, wo große natürliche Höhenunterschiede genutzt werden können.
Wenn auf einer Bergkuppe das Oberbecken eines Pumpspeichers angebracht wird, dann können dort gleichzeitig auch Windenergie und Fotovoltaikanlagen errichtet werden.
Wenn dieser Höhenzug aber bereits mit Windenergieanlagen überbaut ist, dann würde es ungleich aufwendiger, das ganzheitliche System zu errichten, mit dem man in der Lage wäre, bedarfsgerechten Strom zu liefern.

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