Vorwort
Bei einem Flug über meine
Fichtelgebirgsheimat, im Dezember 2007 stellte ich mit dem Burgstein und
dem Röslautal eine Geländesituation fest, die sich für die Errichtung
eines Pumpspeichers eignen könnte. Nach einigen Berechnungen war klar,
dass dieser Standort vergleichbare Gegebenheiten, wie existierende
Anlagen aufweist und dass er zu den größeren Pumpspeicherkraftwerken
Deutschlands zählen könnte. Diese Erkenntnis löste in etwas
ausgearbeiteter Form in der kommunalen Politik zunächst zustimmendes
Interesse und kurz darauf in der Öffentlichkeit heftige Diskussionen
aus. Dabei konnte festgestellt werden, dass die Aufgabe und die
Bedeutung von Energiespeichern vielen Diskussionsteilnehmern nicht
bekannt ist. Eine große Behördenanhörung ergab, dass zur Umsetzung so
eines Vorhabens große Hürden bestehen. Im Januar 2009 schrieb ich dazu
dem bayerischen Staatsminister Dr. Söder für Umwelt und Gesundheit:
…
Der Stadtrat von Wunsiedel fasste am Donnerstag, den 29.01.2009, auch
mit meiner Stimme den Beschluss, das Wunsiedler See Projekt nicht weiter
zu verfolgen.
Möglicherweise wurde damit eine Chance für ein Musterprojekt vergeben,
bei dem nachhaltige Energiewirtschaft mit innovativen ökologischen
Ansätzen und Freizeitnutzung vereint worden wären.
Die Schaffung von Energiespeichern wird eine bedeutende Herausforderung
dieses Jahrhunderts sein, die unser Gemeinwesen meistern wird, wenn der
Wille der staatlichen Verantwortungsträger dahinter steht. Das
Erneuerbare Energien Gesetz sorgt erfolgreich für die Schaffung von
Erzeugungskapazität. Speicher sind notwendig, damit diese volatil
erzeugten Energien bedarfsgerecht zur Verfügung gestellt werden können.
Mit unseren derzeitigen EEG-Regelungen wird leider nur die Hälfte von
dem getan, was für eine nachhaltige regenerative Energieversorgung
notwendig ist.
Da geeignete Speicherstandorte in unserem Land nicht vermehrbar sind,
halte ich es für meine Verantwortung, ihnen dazu meine nachfolgende
Bewertung zur Verfügung zu stellen:
…
Das Wunsiedler See Projekt wurde sehr lange und kontrovers öffentlich
diskutiert.
Eine groß angelegte Behördenanhörung (Scoping) zeigte den rechtlichen
Rahmen auf, der bei Umsetzung so eines Projektes zu beachten wäre.
Die Bewertung des Scopingprotokolls durch ein international anerkanntes
Planungsbüro ergab:
„dass die Aussichten für eine erfolgreiche Planrechtfertigung als gering
eingestuft werden“.
Die durch das Behördenscoping aufgegebenen Anforderungen an eine
Planrechtfertigung mit Nachweis der Alternativlosigkeit des Standortes,
können durch eine Stadt nicht geleistet werden.
Grundsätzlich ist die Aufstellung energiewirtschaftlicher
Rahmenbedingungen zur Interessenabwägung zwischen Naturschutz,
Wasserwirtschaft, weiteren Rechtsgütern und dem Klimaschutz sowie dem
nachhaltigen Umgang mit Energierohstoffen, die Aufgabe der Länder, des
Bundes und der europäischen Ebene.
Wenn dieser rechtliche Rahmen zum heutigen Zeitpunkt, nach Darstellung
der für uns zuständigen Vertreter öffentlicher Belange, so austariert
ist, dass dem
kleinräumigen Natur- und Landschaftsschutz ein
gewichtiger Vorrang
eingeräumt wird, vor
energiewirtschaftlichen Projekten, die dem
Klimaschutz
dienen, dann kann es nicht Aufgabe einer Kommune sein, einen
gegenteiligen Nachweis zu führen.
Allgemein bekannt ist, dass die derzeit verfolgten
energiewirtschaftlichen Ziele der Bundesrepublik Deutschland,
Energiespeicher in erheblichem Umfang erfordern.
Um Qualität und Eignung eines denkbaren Energiespeichers, im Sinne einer
umfassenden Planrechtfertigung einordnen zu können, wäre eine
systematische Analyse aller in Frage kommenden Standorte Deutschlands
oder sogar darüber hinaus notwendig. Gäbe es diese Studie, dann würde
sich eine Planrechtfertigung für einen Standort aus dem Rang, den er in
dieser Liste hat, ableiten. Die Erstellung dieser Liste kann aber nicht
Aufgabe einer Stadt sein, sondern gehört auf höherer Ebene verankert.
Sollte das für die Versorgungssicherheit unseres Landes wichtige Thema
der Energiespeicherung in Zukunft von den zuständigen politischen Ebenen
aufgegriffen, der Kapazitätsbedarf ermittelt und so eine Untersuchung
durchgeführt werden, dann kann die Bewertung eines Standortes unter
anderen Vorzeichen stattfinden.
Ich bitte alle Verantwortungsträger in Politik, Verwaltung,
Wissenschaft, Lehre und Verbänden, auf Rahmenbedingungen hinzuwirken,
die zukünftige rechtliche Würdigungen von Speicherstandorten so
ermöglichen, dass auch die Notwendigkeiten der zukünftigen
Versorgungssicherheit unseres Landes, des Klimaschutzes und einer
nachhaltigen Energieträgernutzung beachtet werden.
…
Bei meinen nachfolgenden Recherchen
zum Speicherbedarf stellte ich fest, dass dazu keine, zur Beantwortung
der aufgeworfenen Frage geeigneten Veröffentlichungen aufzufinden sind.
Allerdings gab es bei den Übertragungsnetzbetreibern im Internet
veröffentlichte Zeitreihen zur tatsächlichen Einspeisung von Windenergie
in deren Regelzonen. Auf Basis dieser Daten und mit Daten zur
installierten Leistung von Windenergieanlagen vom Institut für solare
Energieversorgungstechnik der Uni Kassel gelang es, den
Ausgleichsbedarf, den der Windstrom in Deutschland erfordern würde, zu
ermitteln. Aus diesen Ansätzen entstand der Entwurf eines Buches und in
der Folge die vorliegende Dissertation.
Möge sie dazu beitragen, die
rechtlichen Rahmenbedingungen bei zukünftigen Bewertungen von Standorten
von Energiespeichern auch an den großen Zielen der zukünftigen
Energieversorgung zu orientieren.
Wunsiedel im Juli 2010
Matthias Popp
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